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Geschichte125 rauschende Ballnächte
Johann Strauss hat bitterlich geweint, heißt es: zum Concordia Ball 1864 hatte er seinen frisch komponierten „Morgenblätter“-Walzer mitgebracht – und musste erleben, dass sein Konkurrent Jacques Offenbach mit einem ebenfalls extra komponierten „Abendblätter“-Walzer den weitaus größeren Applaus erntete. Das tat doppelt weh, weil der Concordia Ball nach seiner rauschenden Premiere am 19. Jänner 1863 auf dem besten Wege war, zum Höhepunkt der Wiener Ballsaison zu werden. Vier Jahre zuvor war der Presseclub Concordia das erste Mal an die Öffentlichkeit getreten. Eine unabhängige Plattform für Journalismus, die ins Leben gerufen wurde, um die neu erstrittenen Rechte der freien Presse zu verankern und Journalist:innen soziale Absicherung zu bieten. Die Concordia setzt seit damals medienpolitische und gesellschaftliche Akzente, so auch mit dem vielgeschätzten Concordia Ball.
„Krone der Elitebälle“ nannte ihn die Morgenpost – man vermerkte, dass "die Einen kamen, um zu sehen, die Anderen, um gesehen zu werden." Seite an Seite tanzten Minister und Diplomaten, Künstler und Intellektuelle, Theaterstars und Zeitungsmacher. Kronprinz Rudolf war Stammgast. Wiens Musikerelite steuerte eigens komponierte Tanzmusik bei: die Brüder Strauss brachten mehr als 40 Walzer am Concordia Ball zur Uraufführung, aber auch Franz Lehár, Carl Millöcker, Franz von Suppé und Carl Michael Ziehrer komponierten für den populären Ball. In den 1920er Jahren war der Concordia Ball nicht aus dem Wiener Wiener Gesellschaftsleben wegzudenken, aber mit Österreichs Freiheit ging auch er unter: im Ständestaat fand er nicht mehr statt, nach dem "Anschluss" 1938 wurde die Concordia aufgelöst. Nach der Befreiung vergingen weitere eineinhalb Jahrzehnte ohne Concordia Ball. 1960 fand Concordia-Präsident Rudolf Kalmar dann im Wiener Vizebürgermeister Hans Mandl einen tatkräftigen Unterstützer, im prachtvollen Festsaal des Wiener Rathauses einen neuen Schauplatz und im Umfeld der Wiener Festwochen einen idealen Termin abseits der an Bällen überreichen Faschingszeit. Der Concordia Ball erlebte als Wiens größter, schönster Sommerball eine erstaunliche Wiederauferstehung. Getanzt wird im Festsaal und unter den romantischen Arkaden. Das Wiener Stadtgartenamt sorgt für Blumenschmuck, der so gut ankommt, dass 1969 die p.t. Gäste ersucht wurden, „wenigstens die Blumentöpfe stehenzulassen“. Der Volksschauspieler Heinz Conrads ritt auf einem Pappmaché-Pegasus zu einer Mitternachtseinlage in den Ballsaal. Der Dichter Ernst Jandl ließ sich zur Teilnahme an einer Büchertombola überreden – „vorausgesetzt, dass ich nicht tanzen muss“. Und Bundeskanzler Kreisky, 1974 Gast in der Ehrenloge, quittierte die Bitte von Tanzmeister Willy Fränzl, den Ball zu eröffnen, mit der trockenen Frage: „Und was machen's, wenn ich nein sag?“ |
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